Zombies in Cannes: Filmfestspiele mit blutigem Spaß „Coupez!“ eröffnet (2024)

Hommage an Kinogeschichte

Zombies in Cannes: Filmfestspiele mit blutigem Spaß „Coupez!“ eröffnet

Zombies in Cannes: Filmfestspiele mit blutigem Spaß „Coupez!“ eröffnet (1)

Zombies, wohin man blickt: Szene aus dem Cannes-Eröffnungsfilm „Coupez!“.

Quelle: Lisa Ritaine/Filmfest Cannes/dpa

Das sonst so elitäre Cannes umarmt die B-Movies: Der französische Regisseur Michel Hazanavicius eröffnet das Filmfestival mit „Coupez!“ – und lässt das Blut an der Côte d’Azur tüchtig spritzen.

Zombies in Cannes: Filmfestspiele mit blutigem Spaß „Coupez!“ eröffnet (2)
Stefan Stosch

So viel (Kunst-)Blut ist wohl noch nie bei einer Cannes-Eröffnung durchs Kino gespritzt. Die Zombies sind los beim Filmfestival. Manche dürften jetzt einwenden, dass sie das keinesfalls überrascht: Cannes ist berüchtigt für Wiedergänger. Wer einmal hier war, kehrt immer wieder zurück – wie auch am Dienstagabend beim stargespickten Defilee über die berühmten roten Stufen zu sehen war.

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Auch der französische Regisseur Michel Hazanavicius ist ein Rückkehrer. Mit seiner Stummfilmhommage „The Artist“ machte er 2011 erst in Cannes Furore und wurde sodann gleich mit fünf Oscars in Hollywood überschüttet.

Am Dienstagabend hat sich Hazanavicius in „Coupez!“ der lebenden Toten angenommen. Sie spuken beinahe schon seit Anbeginn des Kinos in vielerlei Varianten über die Leinwand, angefangen vom Stummfilm „Das Cabinet des Dr. Caligari“ (1920) über den Klassiker „Die Nacht der lebenden Toten“ (1968) bis hin zur selbstironischen Komödie „Shaun of the Dead“ (2004).

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Im Laufe der Zeit haben die Untoten einen immer größeren Appetit auf Menschenfleisch entwickelt und als Boten für alle möglichen zivilisatorischen Schrecknisse gedient. Es gibt wohl kaum ein Genre, das stärker ausgelutscht ist als dieses.

Alter Fluch zum Leben erweckt

Und was tut Hazanavicius? Er covert ohne jegliche Scheu einen japanischen Studierendenfilm von 2017 („One Cut of the Dead“), der 27.000 Dollar gekostet haben soll und allein in seinem Heimatland viele Millionen einspielte.

Hazanavicius begibt sich mitten hinein in ein schäbiges B-Movie, das gerade in einer stillgelegten Fabrik in Frankreich gedreht wird. Schauspielerinnen und Schauspieler werkeln gänzlich uninspiriert an ihrem Zombiefilm, erwecken dabei einen alten Fluch aus dem Weltkrieg zum Leben und werden bald schon selbst von Zombies heimgesucht. Nur Film-im-Film-Regisseur Remi (Romain Duris) und seine Frau Nadia (Bérénice Bejo) machen wie besessen immer weiter.

Gewissermaßen beherzigt Hazanavicius dasselbe Motto wie Remi: „Schnell, billig, ordentlich“ müsse gedreht werden. Wobei es mit der ordentlichen Arbeit so eine Sache ist: Immer wieder werden wir Zeuge seltsam länglicher Dialoge, sonderbarer Kameraperspektiven und plumper Wendungen.

Herumfliegende Arme

Ziemlich genau eine halbe Stunde lang verfolgen wir das Geschehen. Wer kein besonderer Freund von Billigfilmen ist und an herumfliegenden Armen, Köpfen und Blutströmen nur bedingt Freude hat (keine Angst: alles stets als künstlich erkennbar), fängt an, sich ein wenig zu wundern – vielleicht gar, sich zu langweilen. Und doch lohnt es sich, genau hinzuschauen.

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Denn im zweiten Drittel des Schachtelfilms „Coupez!“ sehen wir die Vorgeschichte zu den Dreharbeiten und im letzten die Auflösung. Und plötzlich bekommt der anfängliche Dilettantismus eine ganz neue Bedeutung und nötigt dem Publikum geradezu Respekt ab.

Viel mehr darf leider nicht verraten werden, um niemandem den Spaß zu verderben. Nur so viel noch vielleicht: Hazanavicius, der große Liebhaber der Kinogeschichte, legt hier eine mindestens zweifache Hommage vor. Sie gilt nicht nur den Zombies in ihrer herumstolpernden Urform, sondern vor allem der Kunst des Filmemachens. Er gibt sich hier als großer Anhänger von Onetake-Geschichten zu erkennen, in denen überhaupt nicht geschnitten wird (so wie beispielsweise in Sebastian Schippers Bankräuberfilm „Victoria“ von 2015).

Den Titel „Coupez!“ muss man in diesem Film deshalb anders verstehen als beim Filmemachen üblich: Damit ist nicht der Ruf eines französischen Regisseurs gemeint, der eine Szene abgedreht hat, sondern der klare Schnitt mit einem Hackebeil.

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Ursprünglich sollte der Film „Z (comme Z)“ heißen. Doch weil der Buchstabe inzwischen mit dem Symbol auf russischen Panzern in Verbindung gebracht wird, legten russische Kulturschaffende Protest ein. Hazanavicius taufte sein schon fertiges Werk um – weshalb der Buchstabe Z zwar aus den Credits entfernt wurde, aber wohl oder übel im Film selbst immer noch auftaucht.

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Vielleicht hätte er es bei dem alten Filmtitel belassen sollen: Die Rückeroberung des Z mit Mitteln der Popkultur und einer Schar kotzender Zombies wäre einen Versuch wert gewesen.

Jedenfalls umarmt das oft so elitäre Cannes in seinem 75. Jahr die B-Movies. Das Filmfestival 2022 beginnt mit einem weit einfallsreicheren Werk als in manch früherem Jahr.

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Author: Ray Christiansen

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